Wüste mit Händler

Die Galerie Nicola von Senger freut sich Mario Salas Ausstellung Wüste mit Händler präsentieren zu dürfen. Nach seinen Raumtransformationen im Helmhaus Zürich (Das Gebäude), in der Parasol unit in London (The Building) und in der Galerie Friedrich in Basel (Die Wohnung), hat sich Sala dazu entschlossen die Galerie Nicola von Senger im positivsten Sinne zu „verwüsten“.

Dabei wird die Wüste nicht bildlich nachgestellt, sondern schleicht sich höchstens als Stilmittel in Salas Werke. Die Arbeiten, die direkten Bezug auf den Namen der Ausstellung nehmen, sind dünn gesät. Eine Assemblage von Steinobjekten stellt eine Sonne, zwei Sukkulenten und einen Händler dar. Ein Schaufenster wird mittels Farbfolien zur gleissenden Sonne und eine Zeichnung, expressiv und doch karg, verrät, wie sich das Konzept landschaftsartig über die Galerie erstreckt. Dadurch wird auch klar, dass der Händler nicht nur als Sandstein sondern auch als Galerist in der Wüste steht. Die Arbeiten, die vordergründig nichts mit der Wüste zu tun zu haben scheinen, werden somit als des Händlers Waren eingebunden.

Fragmentierte narrative Elemente und eine vielschichtige Bildbearbeitung verleihen Salas Werk Dynamik und Polyphonie. Transformation, Mehrdeutigkeit und hermeneutische Destabilisierung sind Kennzeichen des Künstlers, die sich in allen seinen Arbeiten wiederfinden und in Salas nomadischer, pleomorpher Figur des Drifters verkörpert wird. In der Wüste wird er als verwittertes Stehaufmännchen reinkarniert, das seinen Blick auf eine sich himmelwärts auflösende Säule gerichtet hat. Der Drifter scheint sich so einer religiösen Haltung zu widmen, welche die Wüste auch als Ort prophetischer Offenbarung einbezieht und den Bedeutungsumfang massgeblich erweitert.


In sechs Arbeiten, deren Titel „Himmel“ und „Hölle“ vom Irdischen wegweisen, manifestiert sich ein beinah halluzinatorischer Charakter, den Sala mit Klebmasse, Öl- und Wasserfarben über eigene und fremde fotografische Hintergründe aufträgt. So finden wir eine Engelstrompete, die einen roten Stern aus dem chinesischen Parlament anpeilt. Dieser steht im Zentrum eines vermeintlichen Heiligenscheins, der über dem Haupt einer Steinstatue schwebt. Sie stellt eine Frau dar, die an einem Computer zu sitzen scheint, als wäre sie als Bürosekretärin im proletarischen Jenseits verewigt worden. So geht es weiter mit Bildern der Vereidigung Viktor Juschtschenkos, des Zweiten Vatikanischen Konzils, der Country Sängerin Kitty Wells, eines Öltanks und eines Autos. Geschichten werden gesponnen, verworfen, neu angefangen. Überall finden wir Verwirrungen zwischen säkularen und religiösen Motiven, zwischen Realität und Fantasie. Je näher man einer Erklärung kommt, desto eher löst sie sich wie eine Oase vor dem Verdurstenden in Luft auf, und sofort möchte man sich erneut darauf stürzen.

Gregor Staiger, Juli 2006


Galerie Nicola von Senger is pleased to present Mario Sala’s exhibition Wüste mit Händler (Desert With a Salesman). After his transformations of the exhibition spaces at Helmhaus Zurich (Das Gebäude), at Parasol unit in London (The Building), and at Galerie Friedrich in Basel (Die Wohnung), Mario Sala decided to make a desert of Galerie Nicola von Senger in a most positive sense.

 

While the desert is not visually reproduced, it finds its way into Sala’s works in stylistic elements. There are few pieces relating directly to the exhibition’s title. An assembly of stone objects portrays a sun, two cacti, and a salesman. Sheets of color transparency film turn a display window into a gleaming sun, and an expressive yet bare drawing shows the concept of the desertification as it spreads across the gallery. This is where it becomes clear that the salesman is not only represented in a sandstone figure but also in the gallerist. The works, which at first glance appear not to fit the desert theme, are already properly tied into the concept as the salesman’s wares.

 

Sala’s work has a dynamic and polyphony that stems from fragmented narrative elements and complex, layered image compositions. Transformation, ambiguity, and hermeneutic destabilization are trademarks of the artist, which can be found in all of his works. They are embodied in his nomadic, pleomorphic figure of the drifter. In this desert, the drifter is reincarnated as a weather beaten tumbler toy. His gaze is fixed upon a column that seems to dissolve toward heaven. His quasi-religious pose activates the connotation of the desert as a place of prophetic revelation.
Six works that are alternately titled “Heaven” and “Hell” point away from the mundane. By applying glue, oil paint, and watercolor over found and self-made photographs, Sala gives them an almost hallucinatory quality. Thus we find an angel’s trumpet aiming at a red star in the Chinese parliament. The star is at the center of a halo, which hovers over the head of a stone statue depicting a woman. She seems to be sitting at a computer as though she had been immortalized as a secretary in a proletarian beyond. Images of the swearing-in of Viktor Yushchenko, of the Second Vatican Council, of country singer Kitty Wells, an oil-tank, and a car encounter similar contextual shifts. Stories are taken up, abandoned, and resumed. Everywhere we find entanglements of secular and religious motives, of reality and fantasy. The closer we come to an explanation, the more likely it will dissolve into thin air like an oasis before a man dying with thirst, and the more intense becomes our desire to have another go at it.

Gregor Staiger, July 2006


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