Die Galerie Nicola von Senger freut sich, Raffael Waldner mit der Einzelausstellung Car Crash Studies 2001-2010 zu präsentieren.
Der in Zürich lebende Fotokünstler Raffael Waldner (*1972) arbeitet seit zehn Jahren an einem grösseren Werkkomplex, den „Car Crash Studies“. Untersuchungsgegenstand dieser vielschichtigen künstlerischen Recherchen ist die Welt der Automobile. Waldner interessiert sich für die Relikte, die bei Unfällen mit diesen meist teuren Fortbewegungsmitteln entstehen. Er dokumentiert mit seiner Kamera systematisch die dem Un- und Zufall zu verdankenden Überbleibsel, die Wracks und auch ihre Entstehungsorte.
Daraus ist eine ganze Reihe von Fotografien entstanden, mittlerweile mehr als 300 Motive. Man könnte die Bild gewordenen Schrott-Ensembles als Nature morte, als grausige Stilleben einer technik- und mobilitätsgläubigen Gesellschaft verstehen – als Symbole für Verlust und Tod. Waldner betätigt sich jedoch nicht als Chronist der Unfallgeschichten, sondern als Objektforscher. “Es geht mir um die Einschreibungen von Gewalt”, sagt er, “um die Abänderung des Produkts. Ich bin an der Typologie der Überreste interessiert.”
Diese Typologie, in vielen nächtlichen Streifzügen durch die Depots von Abschleppdiensten erforscht und dokumentiert, ist eine zeitgemässe Interpretation der Vanitas-Thematik. Die Fotos zeigen die zwiespältige Schönheit des geborstenen Glases, die Verführungskraft von deformierten Kühlerhauben und die Müdigkeit erschlaffter Airbags. Die jetzt funktionslosen und vom Crash geschändeten Blech-Ruinen berichten von der Vergänglichkeit materieller Machtphantasien und auch ein wenig vom Verlust des gesellschaftlichen Eros.
Der Kunstbuchverlag JRP/Ringier publiziert nun in Zusammenarbeit mit dem Kurator Christoph Doswald und dem Gestaltungsbüro NORM erstmals eine repräsentative Auswahl dieser „Car Crash Studies“ in Buchform: Raffael Waldner, Car Crash Studies 2001-2010, herausgegeben von Christoph Doswald, JRP/Ringier, Zürich 2010. Gestaltung: NORM. 96 Seiten, 38 Franken.
Christoph Doswald, Februar 2010