Zwischen den beiden in der Schweiz geborenen Schwestern Pascale und Arienne Birchler besteht seit ihrer Kindheit ein ständiger Austausch an Erlebnissen, Erfahrungen und Gedanken. Die enge Verbundenheit, die man häufig bei Zwillingen findet, wird auch zu einem festen Bestandteil ihrer Arbeit und entwickelt sich im Laufe der Jahre zum wichtigsten Ratgeber. Es ist der Blick der Anderen, der jede der beiden ihrem persönlichen Ziel näher kommen lässt. Durch den intensiven Dialog findet man sich oder begleitet einander ein Stückweit, lässt die Dinge langsam zusammenwachsen.
Die Galerie Nicola von Senger freut sich sehr, den Beginn dieser Symbiose nun präsentieren zu dürfen. Pascale, von der bereits 2010 Werke in einer Gruppenausstellung in der Galerie zu sehen waren, und Arienne, die als Modedesignerin in Antwerpen und New York gearbeitet hat, zeigen erstmals gemeinsam geschaffene Kunstwerke.
Ausgehend von kleinformatigen, detailgenauen Zeichnungen und Collagen im Skizzenbuch entwickeln die Künstlerinnen eine von ihnen gesuchte Dringlichkeit, die ihren Ausdruck in handwerklicher Präzision findet.
In der Flüchtigkeit ihrer Darstellung erinnern die Installationen an Filmstills. So bedeutungsvoll der gezeigte Moment scheinen mag, so schnell kann er sich verändern oder gar verschwinden. Und doch ist es genau dieser Augenblick, um den es geht, und die Darstellung ist das von den Künstlerinnen bewusst gewählte Bild dafür.
Zwei Mädchen, in einem Moment des Pausierens, liegen mit ihren Köpfen auf der Tischplatte. Erschöpft und gleichzeitig voller Energie, gebannt von der Sehnsucht nach dem Leben, müde, träumerisch und auf kindliche Weise erregt.Ihre jungen Körper, unschuldig und gleichzeitig auf eine Art verführerisch, lösen bei dem Betrachter einen fast beschützenden Blick aus.Ein Gefühl von Scham und Schüchternheit mischt sich mit dem Wunsch nach Zukunft und der Neugierde darauf. Die Suche nach Identität beginnt und die kindliche Verbundenheit verschiebt sich, Geheimnisse entstehen. Erste Erfahrungen lassen Vorahnungen zu, Angst mischt sich mit Begehren und Melancholie. Versunken in die eigenen Gedanken horchen beide voller Erwartung auf Antworten.
Pascale und Arienne liefern uns sinnliche Inszenierungen, die die Verwundbarkeit des Menschen thematisieren. Sie spielen mit Andeutungen, werden aber niemals offensichtlich. Zarte Eingriffe, die von der Gewohnheit abweichen, werden deutlich und lassen die Werke in den Bereich des Surrealen kippen. Aber es ist niemals Traum, was wir sehen, sondern vielmehr eine eigene Wirklichkeit, die biografische Züge trägt, Verborgenes sichtbar macht und dem Betrachter entweder vertraut oder fremd erscheint.
Judith Platte, Dezember 2011
Between the two Swiss born twin sisters, Pascale and
Arienne Birchler, there has occurred, since childhood, a continuous exchange of
experiences, adventures and thoughts. A tight bond, often associated with
twins, is a strong component of both of their works and has developed to become
the most important influence throughout their years of practice. It is the view
of the other that helps each to approach their personal aims; by an intense
dialogue they each accompany the other for a while then together let things
slowly grow.
Galerie Nicola von Senger is pleased to present this symbiosis; Pascale, who exhibited works during a group show with us in 2010, and Arienne, a fashion designer in Antwerp and New York, are here presenting their works together for the first time.
Starting from beautifully detailed, small format drawings and sketch book collages the two artists have searched for and developed a sense of instantaneousness that finds expression in the work’s delicate accuracy. In the fleetingness of their design the sisters’ installations remind one of film-stills; as important the shown moment seems to be it can just as quickly change or disappear.
In one example, two girls appear in a moment of pausing, exhausted and at the same time full of energy. They are resting their heads on a table, spellbound, tiredly dreaming and childlike-thrilled. In that brief moment the artists appear to skilfully capture the subjects’ innate curiosity of and desire for the future, their presentiment that their search for identity is beginning and perhaps their childlike bond will be displaced, a fear mixed with an excitement and a sense of melancholy. This, when glimpsed by the viewer, initiates an almost protective reaction towards the figures. Absorbed in their thoughts the two are listening hopefully for answers.
Pascale and Arienne provide us with sensuous orchestrations and delicate stages that broach the issue of the vulnerability of humans. They play with suggestions that never become obvious. Tender intrusions deviate from the regular and move into the area of surrealism. What we see, however, is never a dream but rather the sisters’ own reality, which carries biographical streaks, visualises hidden moments and appears either familiar or strange to the viewer.
Judith Platte / Gareth Malone, December 2011