Madeleine Berkhemer
L’Ecole des Caresses II
Die Galerie Nicola von Senger freut, sich die Ausstellung “L’Ecole des Caresses II” der holländischen Künstlerin Madeleine Berkhemer (*1973 Bergen op Zoom, lebt und arbeitet in Rotterdam) präsentieren zu dürfen. Die Ausstellung umfasst verschiedene neue Skulpturen sowie drei grossformatige Zeichnungen.
Madeleine Berkhemer widmet sich vorwiegend der Erforschung gesellschaftlicher Prozesse aus einer sexuellen Perspektive. Dazu studiert sie nicht nur kunsthistorische und literarische Texte, sondern lässt sich auch schon mal von Erotikfotografen für Kontakt-, Porno- und Fetischmagazine ablichten. Dabei inszeniert sie sich dreifach als alter egos Milly, Molly und Mandy, die bestrebt sind, die Anreize der Welt zu ergründen und voll auszukosten. In post-feministischer Manier schlängelt sich die Künstlerin durch die Domänen der Sexualität als soziales Phänomen, als Identitätssuche und als Machtfrage. Nicht selten werden so soziale und machtpolitische Gegebenheiten unterwandert und an Identitäten getestet, welche die Freiheit der Fiktion geniessen und doch fest in der Erfahrung einer Person wurzeln.
Berkhemers Arbeit ist ein Prozess, der sich in Werken äussert, die sich verschiedenster Materialien und nicht selten des eigenen Körpers bedienen. Als ausgebildete Modedesignerin ist ihr Bezug zum Körper von Anfang an stark ausgeprägt. Auch das zwiespältige Verhältnis des Sehen-und-Gesehen-werdens, der Aneignung und Inszenierung, hat in der Mode eine wichtige Funktion und überträgt sich in die Arbeit Berkhemers – vor allem in Fotografie und Performance. In konzentrierter Form behandeln auch die Zeichnungen dieser Ausstellung, die von einem illustrierten Fetischbuch der 20er Jahre, L’Ecole des Caresses, inspiriert sind, den Körper und die Begierde als erste Instanz sozialer Ordnung. Der Bezug zum Fetischismus spielt dabei eine wichtige Rolle, wobei das Thema spielerisch aufgegriffen wird und eine Ecole des Caresses präsentiert, deren Grundlage eher auf unschuldiger Neugier als auf Perversion fundiert, sofern der Reiz der Unschuld nicht auf machtpolitische Triebe (eines Betrachters) stösst.
Die gleichen Elemente spielen auch bei Berkhemers Skulpturen eine wichtige Rolle, die darüber hinaus eine Verwandtschaft mit den formalen Ansätzen von Naum Gabo oder Antoine Pevsner aufweisen und stark materialbezogen sind. Sie arbeitet hauptsächlich mit Feinstrumpfhosen, die zu “hanging sculptures” verknüpft, gespannt und verflochten werden, die in ihren Formen vom bedrohlichen Spinnennetz bis zum geschliffenen Diamanten variieren. Auch in ihren stehenden Skulpturen rufen diese Strümpfe einen erotisch-weiblichen Bedeutungsumfang hervor, der je nach Form harmonisch oder dissonant sein kann. Sich von Berkhermers Werken verführen zu lassen birgt in sich sowohl die Freude des Entdeckens wie auch die Schuld des Voyeurs. Beides nimmt man gerne in Kauf.
Gregor Staiger, Dezember 2006
Madeleine Berkhemer
L’Ecole des Caresses II
Galerie Nicola von Senger is pleased to present the exhibition “L’Ecole des Caresses II” from Dutch artist Madeleine Berkhemer (*1973 Bergen op Zoom, lives and works in Rotterdam). The exhibition contains various new sculptures and three large format drawings.
Berkhemer dedicates herself primarily to the examination of social processes from a sexual point of view. To this end she not only studies art historical and literary texts, but may also attend shootings with erotic photographers for contact, porn, and fetish magazines. She takes on the parts of three alter egos, Milly, Molly, and Mandy, who are set to seek out and indulge in the pleasures the world has to offer. In a decidedly post-feminist manner, the artist thus sidles through the domains of sexuality as a social phenomenon, as a search for identity, and as a question of control. Social standards and realities relating to the politics of power are subverted and tested with identities that profit from the freedom of fiction, yet are firmly rooted in personal experience.
Berkhemer’s art is a process that turns out works which make use of various materials as well as her own body. As a trained fashion designer, her professional relationship to the body has been strong from the beginning. The ambivalent reciprocity between seeing and being seen, between appropriation and production, also has an important function in fashion and carries over into her work as an artist – especially in photography and performance. Her drawings in this exhibition, which are inspired by an illustrated volume on fetishism from the 1920’s, L’Ecole des Caresses, similarly take a closer look at the body and desire as the first instances of social order. The relationship to fetishism plays an important part in this order, whereby the topic is treated in a playful manner that presents an Ecole des Caresses based on innocent curiosity rather than perversion – as long as the allure of the innocent does not clash with the politics of power (of the spectator).
The same elements factor into Berkhemer’s sculptural work, where her choice of material is of some significance, and which derives aspects of its formal approach from Naum Gabo and Antoine Pevsner. She works mainly with pantyhose, which is knotted, stretched, and interwoven into “hanging sculptures” that vary in form from threatening spiderwebs to cut diamonds. The material also lends an erotic female connotation to her standing sculptures, which, according to form, may be harmonic or dissonant. To be seduced by Berkhemer’s work bears in it the joy of discovery as well as the guilt of voyeurism – both of which we gladly accept.
Gregor Staiger, December 2006