Gregory Green, wohnhaft in New York, ist internaional bekannt für sein herausforderndes Werk und die Kontroverse, die dadurch ausgelöst wurde. Während der vergangenen siebzehn Jahre hat er Themen der Machtergreifung durch gewalttätige und gewaltlose Mittel untersucht.Er hat in vielen Orten Europas und den USA ausgestellt. Seine Werke sind in wichtigen öffentlichen und privaten Austellungen beider Kontinente vertreten, unter anderem im Museum für Gegenwartskunst in Los Angeles, in der Saatchi Collection (London) und im Victoria und Albert Museum (London). Anstelle der üblichen Angaben über den künstler lege ich einen Ausschnitt aus einem kürzlich entstandenen Selbstinterview vor, er im Sommer 1997 in “Transcript”, einer schottischen Kunstzeitschrift, erschienen ist.
F: Du wurdest von einigen Kritikern und Kuratoren als konzeptueller Terrorist bezeichnet, wie stehst Du dazu? A: Zuerst war ich über diese Bezeichnung nicht sehr glücklich. Ich reagierte reflexartig in einer etwas stereotypen Weise, “Terrorismus ist schlecht”, also bin ich kein sehr netter Mensch. Ich realisierte schnell, dass jeder eine andere und vielleicht ein bisschen schwierige Bezeichnung gebraucht, um eine wichtige Strategie innerhalb der Arbeiten mit der Bombe zu beschreiben. Jetzt mag ich diese Bezeichnung sehr gerne und würde ihren Gebrauch unterstützen. Die Arbeit mit der Bombe ist nur ein Projekt einer ganzen Serie, welche die verschiedenen Strategien der Machtübernahme untersucht. Ich habe diese Arbeiten zuerst aus vielen verschiedenen Gründen gezeigt. Eines der entscheidenden Motive jedoch, weshalb ich diese Arbeiten begonnen habe, war der inhärente Grad an Spektakel, den sie besitzen, und das Potential, das darin steckt. Wenn man Terrorismus in seine Bestandteile oder seine Struktur zerlegt, erhält man eine sehr einfache und doch effektive Strategie. Ein Ereignis von öffentlichem Interesse wird von einem Individuum oder einer Gruppe erzeugt, dieses Interesse erzeugt ein Medieninteresse an den Täter, welches für den “Terroristen” seinerseits zur Kanzel wird, um uns zu erreichen. Das klassische Beispiel dafür wäre eine Flugzeugentführung: Ein Objekt, das mehrere Millionen Dollar wert ist, und Hunderte von Menschen werden als Geisel genommen, während die Medien herbeistürmen und genau die perfekte Aufnahme vom Terroristen zu machen, wie er sich aus dem Fenster des Cockpits lehnt und ein Manifest oder eine Forderung über Flugzeugfunk verliest. Die Arbeit mit der Bombe hat sehr ähnlich wie ein Terroranschlag funktioniert. Die Plazierung einer potentiell funktionierenden Bombe im traditionellen Heiligtum einer Galerie oder eines Museums, oder nur schon die Behauptung, dass eine Bombe ein Kunstwerk sein könnte, erzeugt ein Umgebung, die geladen ist wie das Material für die Boulevardpresse. Das wird noch verstärkt durch die Tatsache, dass die Objekte keinen Hinweis auf die Moral oder die ethische Position ihres Schöpfers geben. Dieses Potential kreiert natürlich ein Forum medialen Interesses, das mir als Plattform dient , um eine Position auszudrücken. In der Regel werde ich aufgefordert, die Frage, ob ich nun Terrorismus unterstütze oder nicht, zu beantworten. Damit habe ich mein eigentliches Ziel erreicht, nämlich eine Diskussion und Promotion einer Alternative zum Einsatz von Gewalt und meiner eigenen Überzeugung, dass der Gebrauch von Gewalt als Strategie zur Machtübernahme am abnehmen ist und schliesslich aufgeben wird.
F: Du hast gerade erwähnt, dass die Diskussion und Promotion von Alternativen zum Einsatz von Gewalt dein Ziel sei. Geht es in deiner Arbeit genau darum, oder geht es noch um etwas anderes? A: Das ist nur eines von vielen Themen, an denen ich interessiert bin und die ich in meiner Arbeit untersuche. Im Gespräch mit Medien ist es aber sicher der wichtigste Punkt, den ich zu diskutieren pflege. Er stellt die Basis für die Struktur oder Konzepte dar, mit denen ich arbeite. In der ersten Hälfte meiner Karriere untersuchte ich mit meiner Arbeit Techniken und Strategien der Manipulation und Kontrolle, wie sie von Regierungen und/oder Institutionen bzw. Machtsystemen benutzt werden. Mein jetziges Schaffen stellt gewissermassen eine Antwort auf mein früheres Werk dar. Eine typische Frage, die oft gestellt wurde anlässlich Ausstellungen meiner früheren Arbeiten,, war: “Gregory, Du hast da auf einige interessante Themen und Probleme hingewiesen, aber wie würdest du darauf antworten, oder versuchen diese Probleme zu verändern?” Die gegenwärtige Arbeit ist mein Versuch, diese Frage zu beantworten. Kurz gefasst, meine gegenwärtigen Arbeiten erforschen die Geschichte und Entwicklung verschiedener Strategien der Machtübernahme und der Veränderung, deren sich Einzelpersonen oder Gruppen innerhalb eines ungefähren Grundrisses oder einer Struktur, die sich in sieben wesentliche Projektgruppen oder Strategien aufteilen lässt: Terror, Sabotage, Information und Technologie, Alternative Systeme, Gruppenorganisation, Direkte Aktion, Passiver Widerstand und Nicht-Teilnahme. Diese Projektserien werden durch einen Text bergänzt, der gegenwärtig in Arbeit ist, ein Essay mit dem Titel “Hoffnung”.