Gelitin werden immer wieder missverstanden „als die Bad Good Boys der internationalen Kunstszene” (Eckhard Schneider). Diesen Ruf haben sie sich mit Aktionen und dadaistisch-anarchisch anmutenden Installationen verschafft, die an Grenzen stossen: das Weltwunder an der Expo 2000, The B Thing (der Balkon im World Trade Center), der Arc de Triomphe oder der Riesenstrickhase im Piemont.
In ihrer ersten Einzelausstellung in der Schweiz seit fünf Jahren zeigen die Künstler ein Projekt, an dem sie lange Zeit experimentiert haben und welches ihre Bemühungen fortsetzt „…der hoffnungslosen Korrumption und Komprimierung von Sprache auszuweichen und Befreiung bzw. Verkörperung des Wortes durch eine ursprünglich nicht dafür vorgesehene Körperöffnung zu schaffen.” (Christian Egger). Ein erster Teil dieser Arbeit war letztes Jahr im Kunsthaus Bregenz zu sehen. Nachdem wir nun Zeit hatten das dort Gesehene zu vermissen, schenkt uns gelitin Das Kackabet. „Es geht darum, die artikulierende Sprache durch eine von ihr abweichende Natursprache zu ersetzen, deren Ausdrucksmöglichkeiten der Wörtersprache ebenbürtig sein werden.” (Antonin Artaud)
Dass das Körperliche bei gelitin eine wichtige Rolle spielt, ist längst bekannt. Mit Installationen wie Schlund, Flaschomat oder Schlammsaal haben sie den Körper, d.h. ihre Körper und oft auch die des Publikums, in den Mittelpunkt ihrer Arbeit gestellt. Mit Werken wie der Urinstalaktit-skulptur, Zapf de Pipi, an der Moskauer Biennale 2005 haben sie auch schon gezeigt, wie sie körperliche Ausscheidungen zu Kunst formen können, wobei die Partizipation am Akt so wichtig ist wie das Resultat. Durch Das Kackabet schaffen sie nun einen Schriftsatz, der den ästhetisch-inhaltlichen Vorstellungen gelitins zum gelungenen Ausdruck wird. Dieses Analphabet ist somit ein Symbol, das die Abstraktion der Sprache in den Erfahrungsbereich des Körpers bringt und diesen in das Kommunizierte einbindet. In ihrem Artist Statement berichtet gelitin von einer Aussöhnung des Körpers und dessen Ausscheidungen:
Gelitin ist nicht gaga.
Daneben gibt es gelegentlich auch besondere Funde: “In einer Fäkaliengrube in Göttingen hat man einen abgeschlagenen Fuß, oder zumindest die Knochen davon, gefunden. Wir wollen gar nicht an einen Kriminalfall denken; wahrscheinlich war ein Chirurg in dem Haus und hat dort eine Amputation durchgeführt. Das wurde damals nicht so entsorgt wie heute, sondern flog einfach in die Fäkaliengrube.”
Gregor Staiger, März 2007Galerie Nicola von Senger is pleased to inaugurate
their new space at Limmatstrasse 275 with an exhibition by gelitin. After their
first large museum exhibit at the Kunsthaus Bregenz last year, gelitin are
already preparing for their next solo show at the Musée d’Art Moderne de Paris
(January 2008).
Gelitin have time and again been misunderstood „as the Bad Good Boys of the international art scene“ (Eckhard Schneider). They have earned this reputation with actions and dadaist-anarchic installations that test limits: the Weltwunder at Expo 2000, The B Thing (balcony at the world trade center), the Arc de Triomphe, or the giant knit rabbit in the Piedmont.
In their first Swiss solo exhibition in five years, the artists will show a project on which they have experimented for some time. It resumes their effort to „circumvent the hopeless corruption and compression of language and to create liberation or an embodiment of the word via an orifice not originally intended fort his purpose“ (Christian Egger). A first instalment of this work was shown at the Kunsthaus Bregenz last year. Now that we have had time to miss what we have seen there, gelitin gives us the Kackabet. „It is a matter of replacing articulated language with a natural language that deviates from it and whose expressive capacity will be equal to that of the language of words (Antonin Artaud).
It is well known that the body plays an important role in the work of gelitin – installations such as Schlund, Flaschomat, or Mudplex have put the body at the center of their work or even made it a part of it – and works such as the urine-stalactite sculpture Zapf de Pipi at the Moscow Biennial 2005 have already shown how bodily excretions can be formed into art, whereby participation is often as important as the result. With the Kackabet, gelitin have created a font that is capable of lending expression to their sensibilities in terms of both aesthetics and content. This analphabet is a symbol that brings the abstraction of language within the field of experience of the body, which is in turn implicated in what is being communicated. In their artist statement gelitin tells of a reconciliation of the body and its excretions:
Gelitin didn’t go gaga.
In addition there are rare finds from time to time: “A severed foot, or at least the bones thereof, have been found in a cesspit in Göttingen. We don’t even want to think of a criminal case; there was probably a surgeon in the house who performed an amputation. It wasn’t disposed of as it would today but instead it just went down into the cesspit.”
Gregor Staiger, March 2007