DANIELE
BUETTI
Daniele Buetti
* 1956, lebt und
arbeitet in Zürich
Das Werk von
Daniele Buetti zeichnet sich durch eine bewusst inszenierte Aesthetik des
Disparaten aus, die zwischen vermeintlichen Gegenpolen wie Glamour und
Nüchternheit, Ernst und ironischer Leichtigkeit, Realität und Fiktion
oszilliert. Bekannt geworden ist er durch gezielte Manipulationen von in
Modemagazine gefundenen Fotos. Im Werkkomplex “Looking for Love” etwa
kratzt er mittels Kugelschreiber rankenförmige Ornamente direkt unter die
massenmediale Haut von Supermodels.
Die reliefartige
Ausstülpung der Striche erinnert an Narben, die – zugleich blickfangend und
abstossend – auf Décolleté, Kinn oder Wange der Beauties prangen. Das
gekritzelte Mal löst die hermetische Patina des idealen Körpers auf, lässt ihn
für eine Augenblick sogar verletzlich erscheinen.
Der Verlust einer
unschuldig anmutenden Makellosigkeit spielt auch in “Good Fellows”
eine zentrale Rolle. Buetti verwendet hier Namen und Logos multinationaler
Konzerne wie Coca-Cola, Louis Vuitton oder Nike, die er auf selber
fotografierte Hautfragmente tätowiert. Die hautnahe Allianz von Markennamen und
menschlichem Körper thematisiert sowohl die Unsterblichkeit jener Produkte, die
uns ein Leben lang begleiten (und sogar überleben), als auch die gezielte
Verbreitung normierter Körperideale in der Werbung.
Die jüngsten Arbeiten Von Buetti zeichnen sich durch eine Farbigkeit aus, die bisweilen an glamourösen Pomp grenzt. Erstmal verwendet er künstliche Lichtquellen, die hinter den Fotokartons und Glanzfolien befestigt sind. Die Tafeln, in Motiv und Ausschnitt früheren Arbeiten verwandt, werden mit gezielten Nadelstichen perforiert, winzige Löcher rückseitig mit farbiger Gelatinefolie abgedeckt. Aus der Summe der diodenartigen Lichtpunkte bilden sich Schriftzüge, Konturlinien oder diffuser Lichtnebel, die das fotografische Bild kontrastreich abgrenzen. Die Leuchttafeln sind dem amerikanischen Billboard verwandt – gebastelte Miniaturen von Neon-Architekturen, wie man sie etwa vom Time Square oder aus Las Vegas kennt. Eine Fanfare von Licht- und Glanzeffekten evozieren funkelnde Kostbarkeit; erst auf den zweiten Blick offenbart sich die Disparität von Effekt und schäbigem Material wie etwa Lametta, Glanz- oder Alufolie.
Buettis Foto-Tafeln sind Votivbilder des Schönheitskultes. Oft wird ihr Hochglanz jedoch durch ein melancholisches Moment relativiert. Ueber einem nachdenklichen Starlet mit strähnig ins Gesicht fallendem Haar stösst man auf die enigmatische Frage “Wiil I ask for help?”. Offen gesagt, ist man versucht, auch ungefragt seine gute Dienste anzubieten. Die verführerischen Strategien, die Buetti für die Vermittlung seiner Inhalte einsetzt, sind kommerziell erprobt und daher vertraut. Ein sich in die Erinnerung sedimentierendes Gesicht (als Substitut der eigenen Befindlichkeit), ein kurzer Slogan (inhaltliche Weiterführung dessen, was Umberto Eco im Kontext des Kunstwerks “offen” genannt hat) bilden zusammen ein emotionales ‘Branding’ mit nachhaltiger Wirkung. Zur einen Hälfte entliehen, zur anderen inszeniert, werben die Boards um das, was man gemeinhin als Gefühle bezeichnet.
Buetti ist der Mann fürs Magische, der die Einfachheit seiner Tricks bereitwillig offenlegt: “Seine Analysen und Diagnosen, in atmosphärischen Installationen materialisiert, mit kalkuliert-ironischer Nonchalance inszeniert und mit tragisch-komischer Metaphorik vorgetragen, legen die Fallstricke unserer Wahrnehmung offen, die immer mehr von mediatisierten statt von unmittelbaren Realitäten geprägt wird.” (Christoph Doswald, “Never enough of you-eine Schnitzeljagd durch die Medien”, in Daniele Buetti, Newer enough of you, Ulm, Kunstverein, 1998, Seite 38)
Die Stars von Daniele Buetti sind einer fernen Traumwelt entliehen. Hilfe zu beanspruchen offenbart bekanntlich Schwäche, schafft gleichzeitig aber auch Nähe. Bildinterventionen, Schalgzeile und Transparent – wie etwa die Aufforderung “Touch me here” – vermitteln in Bildszenarien zwischen der Unnabarkeit blendender Schönheitsideale und dem realen Leben. Dadurch, dass Supermodels und Filmstars sich uns anvertrauen, gewinnt ihre Welt an Glaubwürdigkeit und unsere an mitunter bezauberndem Glanz.
GIANNI JETZER
Are we creating our own world or is it the media that create us? This relationship of authentic feelings and mediated realities runs as a leitmotif through Daniele Buetti’s oeuvre.
For the first time Daniele Buetti works with artificial light. It illuminates perfora-ted coloured kitchen- or plastic-foil from the back. Iconographically as well as iconologically words and sentences become more important in Buetti’s work. The text stands on its own or is combined with pictures of beautiful women.
It is not primarily the content of the text that directs our attention but the very sensual aura of the pictures. Their vibrations seduce and capture the eye of the beholder. The second time one looks at it one is astonished to discover a fake:
The glamour is clutter made of cheap materials such as lametta, kitchen- or plastic foil.